Dienstag, 6. Februar 2018

Ocotepeque: 25 Tage Protest – hartes Vorgehen des Militärs gegen die Bevölkerung



Vom 30. November 2017 bis zum 27. Januar 2018 brachte die Bevölkerung von Ocotepeque ihren Unmut über den Wahlbetrug und den Verbleib von Juan Orlando Hernández im Präsidentenamt durch Straßenblockaden zum Ausdruck. 

Das kleine Städtchen Ocotepeque, mit ca. 12.000 Einwohner*innen, liegt im Südwesten von Honduras im Dreiländereck von Honduras, Guatemala und El Salvador. Durch die Stadt führt eine der wichtigsten Verkehrsadern (CA-4) für den Gütertransport nach El Salvador und Guatemala. 25 Tage lang war diese Straße teilweise blockiert. Die meisten der Blockaden verliefen friedlich. Jedoch nicht am 26. und 27. Januar 2018. Für den Tag des unrechtmäßigen Amtsantrittes von Juan Orlando Hernández waren landesweit Protestaktionen und Straßenblockaden angekündigt. Die Regierung bereitete sich auf diese Tage mit besonders starker Präsenz von Polizei, Militär und Militärpolizei vor. Allein in Ocotepeque waren fast 300 bewaffneten Kräften verschiedener Militär- und Polizeieinheiten für diese beiden Tage stationiert. 

Militär in Ocotepeque



Was genau passierte am 27. Januar? „Wie bei jedem Protest zuvor hatten die Organisatoren mit der örtlichen Polizei vereinbart, die Straße bis 17.30 Uhr zu blockieren und die Blockade dann selbst zu räumen. Zudem wurde nur eine Spur blockiert, um PKWs die Durchfahrt zu gewähren“, sagt Enrique Gamoneda, ein Lokalreporter.  „Doch dann plötzlich eine Viertelstunde vor dem vereinbarten Ende der Blockade fingen Polizei und Militär an, die Protestierenden gewaltsam zu attackieren und diese durch die Stadt zu jagen“ fährt er fort. 

Straßenblockade in Ocotepeque
Viele Anwohner*innen öffneten ihre Häuser, um den Protestierenden Schutz zu gewähren. Es waren Familien, ältere Menschen, die selbst nicht an den Blockaden beteiligt waren, aber gegen die Ungerechtigkeit etwas tun wollten. Häuser, in die Protestierende geflohen waren, wurden vom Militär umstellt und mit Steinen beworfen. Das Militär schlug willkürlich auf Menschen ein. Es wurde scharf geschossen. Staatliche bewaffneten Kräfte verschiedener Einheiten zogen durch die Straßen, beschädigten mutwillig Autos, überzogen die Stadt mit Tränengasgranaten, warfen diese selbst in Wohnhäuser. Die ganze Stadt roch nach Tränengas. Die Bewohner*innen von Ocotepeque sollten in Angst und Schrecken versetzt werden. In einige Häuser drang das Militär ein und holte Menschen gewaltsam heraus. 14 Personen wurden willkürlich am 27. Januar verhaftet. 

Einer von ihnen war Enrique Gamoneda. Er ist seit Jahren als Lokalreporter tätig, der über soziale Medien, u.a. Korruptionsfälle der regierenden Nationalen Partei aufdeckt und bekannt macht. „Ich stand an der Straße und habe mit meinem Handy und der Kamera gefilmt, als plötzlich 8-10 Angehörige der Polizei und Militärpolizei um mich herumstanden und einfach auf mich einschlugen.“ Gamoneda wurde von der Polizei verhaftet und auf die örtliche Polizeistation gebracht. Dort durchlebte er schreckliche Stunden der Angst. „Einer der Militärpolizisten ergriff meinen Schal und versuchte mich damit zu erwürgen. Ich hatte Angst, die Nacht nicht zu überleben.“

Menschenrechtsorganisationen aus ganz Honduras riefen auf der Polizeistation an und mehrere Anwälte aus Ocotepeque kamen zur Polizei. Daraufhin wurden Enrique Gamoneda sowie die anderen am 26. und 27. Januar 2018 Verhafteten freigelassen. 

Bericht der Koalition gegen die Straflosigkeit
Journalist*innen und Lokalreporter*innen werden seit dem Putsch 2009 verstärkt verfolgt, eingeschüchtert und ermordet. Im Zuge der Proteste nach den Wahlen wurden laut dem 2. Bericht der Menschenrechtsorganisation COFADEH allein im Zeitraum vom 30. November bis 31. Dezember 2917  12 Journalist*innen gewaltsam angegriffen. Zudem gab es drei gezielte Angriffe auf freie, regierungskritische Radios. Bericht der Koalition gegen die Straflosigkeit zu den Menschenrechtsverletzungen nach den Wahlen.

Die Proteste gegen die Regierung von Juan Orlando Hernández gehen weiter und es ist zu befürchten, dass sich die ohnehin desolate Menschenrechtslage weiterhin verschlimmern wird.